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Farben: Geschichte der Farben

von Michael Palomino (2007)

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aus: Anke-Usche Clausen und Martin Riedel: Methodisches Arbeitsbuch Band IV: Schöpferisches Gestalten mit Farben mit der dazugehörigen Materialkunde. Für alle Altersstufen. Mellinger-Verlag Stuttgart, 1981


Zum Aufbau der Farben generell - Naturfarben sind Lichtkräfte

Farben bestehen aus
-- Farbstoffe
-- Bindemittel, die die Farbstoffe am Malgrund haften lassen (S.18).

Ab dem Mittelalter kommt in Europa die Technik des Vorbeizens und des Beizens dazu (S.31-32).

Naturfarben sind Lichtkräfte

"Naturfarben entstehen alle in der lebenden Pflanze durch die Einwirkung des Lichtes, der Sonne, denn Keime sind weiss oder Weiss ist die Farbe der Keime. Verwenden wir also Pflanzenfarben, so malen wir gewissermassen mit 'Lichtkräfte', Farb-Licht-Kräften. [...] Wir legen vor allem Wert auf die so wichtigen heilend wirkenden Pflanzenfarben. Sie können in der heutigen Zeit der aggressiven, grellen Teerfarbenprodukte, Leuchtreklamen, Röhrenbeleuchtungen, Fernsehbildern usw. beruhigend, erholsam und strahlungsabschirmend wirken." (S.43)


Farben und Färberei in der Urzeit

Malereien der Naturvölker und Höhlenbewohner

Die Menschen fühlten sich immer durch Farben im Naturreich angesprochen, insbesondere durch den Regenbogen, der z.T. als "Götterbrücke" verstanden wurde. Andere auffallende atmosphärische Farbenerscheinungen sind z.B. die Morgenröte. Mit den Farben werden Gefühle verbunden (S.22).

Vor der Erfindung des Feuers war nur das Kaltfärben mit mineralischen Farbstoffen möglich (S.24). Die Färberei begann mit Experimenten mit Tierblut, mit Pflanzen, mit farbigen Steinen (v.a. eisenhaltige Metallkalke), oder mit Schlick aus verfaulten Pflanzen, Naturvölker reiben sich mit Farben ein (S.22).

Die Höhlenbewohner verwendeten als Farben Bestandteile der Ockererde und des Manganschwarz (S.20), aus Ocker, Bolus, Umbra etc., aus Kreide, Gips und Kohle etc. (S.24). Sie verfügten damit über eine Farbpalette von Rot, Braun und Schwarz in allen Variationen. Sibirische Funde zeigten, dass ein Mammut in einer Mischung zwischen Rotbraun und Gelbbraun dargestellt war (S.20). Es ist anzunehmen, dass die Erdfarben die ältesten Farben sind, mit denen Köpfe, Masken und Tongefässe geschmückt wurden oder dass mit den Kaltfarben Stoffe bestrichen wurden (S.24).

Funktionen der Farbe bei den Naturvölkern:
-- als Schmuck am Körper
-- zur Insektenabwehr
-- Färben von Fellschurz oder Rindenstoffmantel (S.24).

Bei Farben der Steinzeitmenschen
-- oft der rote Farbstoff aus dem Roteisenstein
-- Gelb aus dem Wau, eine Resedapflanze
-- Blau aus Attich (Sambucus nigra, schwarzer Holunder)
-- Schwarz aus Russ der Feuerstellen oder aus mit Fett versetzter Kohle (S.25).

Die Kaltanstriche waren aber nicht wasserfest. Sie wurden wasserfest, wenn man als Bindemittel Fett oder Leim beimengte (S.24).

Das Gleichgewicht der Farben und ihre Harmonie

Naturvölker beachten immer ein Gleichgewicht und eine Harmonie der Farben, so dass immer "bunte" Muster entstehen, die höchste Energie ausstrahlen. Ein natürliches Farbenbild im Gleichgewicht ergibt sich durch Instinkt oder in der Natur. Das natürliche Farbenbild ergibt eine angenehme Wirkung. So malen sich Ureinwohner (Primärnationen, "Indianer") oft mit verschiedenen Farben an (S.25).

Je nach Alter werden verschiedene Farben bevorzugt. Jugendliche Mädchen bevorzugen Rosa und Meergrün, ältere Frauen Violett und Dunkelgrün. Blondinen bevorzugen Violett und Hellgelb, Brünette bevorzugen Blau und Gelbrot (S.25).


Naturfarben in Europa

Blau aus Färberwaid
Blau wird von Waidjunkern (S.30) durch den Färberwaid hergestellt, mit Verküpungsverfahren (S.32). Es blüht der Waidenhandel (S.30).

Reseda (Gelb) aus Wau (Färberreseda, Reseda luteola) [Färberwau]

Färberreseda (Wau) wächst überall auf Schutthaufen und an Wegrändern. Die grünen Teile und die Blüten enthalten den Farbstoff Luteolin. Das Kraut wird getrocknet und aufgekocht. Man kann daraus einen eingedickten Extrakt (Gaude oder Welde) herstellen, der als Handelsware verwendet wird. Die Färber verdünnen dann den Extrakt wieder (S.29).

Rot aus Färberröte (Rubea tinctoria) oder Kermesschildlaus
(S.31)

Braun aus Lehm
Ungebleichtes Leinen wird in einer Lehmgrube mit dem fetten Lehm eingerieben. Dann wird das Leinen mit Wasser übergossen und in der "Färberbrühe" liegen gelassen. Nach einer Woche ist das Leinen durch die Eisenoxyde im Lehm angenehm bräunlich gefärbt. Die Farbe bleibt ein Leben lang erhalten (S.31).

Beizen in Europa
Gebeizt wird v.a. Leinen, denn Leinen muss vorgebeizt werden, damit es Farbstoffe annimmt. Im Mittelalter wird das Beizen auf alle Faserarten ausgedehnt, auch auf Wolle und Seide. Mittelalterliche Beizen in Europa waren Alaun, Aschenaufgüsse, Kalklaugen, Zinnsalze, auch ausgefaulter Urin mit stärkerem Ammoniakgehalt (S.31).


Malerei in Asien

Korea: Tusche
Korea ist zuerst das führende Land in der Tuscheherstellung und exportiert z.T. nach China. Korea bezahlt seinen Tribut an den chinesischen Kaiser mit jährlichen Geschenken z.T. mit koreanischer Tusche (S.76). Korea schreibt mit Pinsel (Merck: Tusche).

Tusche ist die Hauptstütze des kulturellen Wissens in China
China schreibt zuerst mit Tusche mit Holzstäbchen, was sehr mühsam ist (Merck: Tusche).

Chinesische Schriftzeichen sind nicht nur ein technisches, sondern auch ein moralisches und künstlerisches Anliegen. Denn jeder in China, der schreiben lernt, lernt auch malen und lernt, seine Hand sicher zu führen. Der Nachteil ist, dass in  China lange die Mehrheit nicht schreiben konnte, weil es zu schwierig erschien (S.72). Tuschesteine sind in China Kult (S.73).

Ölfarben in der Malerei im alten Ägypten

Bei den Ägyptern war die Anzahl der Malerfarben durch einen Kanon bestimmt, der zuerst fünf, dann sieben Farben zulässt. Entsprechend waren die Paletten und Malstöcke mit fünf bzw. sieben Aushöhlungen gestaltet (S.54).

Älteste Aquarellmalerei

Die älteste Form der Aquarellmalerei ist der Papyrus und die Hieroglyphenschrift des alten Ägypten sowie Papier- und Tuschezeichnungen der Chinesen (S.56).


Ölfarben in der Malerei Griechenlands

John lässt in seinem Werk "Die Malerei der Alten, Berlin 1846", Plinius zu Wort kommen, der behauptet, dass die Meisterwerke vieler Maler allein mit vier Farben möglich seien:

-- Weiss mit Melischem Weiss
-- Gelb mit attischer, gelber Erde
-- Rot mit Pulischem Sinopsisrot
-- Schwarz mit Russschwarz, Kienschwarz oder Elfenbeinschwarz (S.54).

Dies betrifft gemäss Plinius die Maler Apelles, Echion, Melanthius und Nicomachus, die berühmtesten Maler mit unsterblichen Werken. Ab der Einführung von Purpur und Drachenbaum Dracum etc. ändert sich auch die Farbpalette der Maler, und Traditionalisten wie Plinius behaupten, nun sei "keine edle Malerei mehr vorhanden" (S.54).

um 230 v.Chr.
China: Erfindung des chinesischen Pinsels
Der Erbauer der chinesischen Mauer, General Mung-tian, erfindet um 230 v.Chr. die Verbesserung des koreanischen Pinsels. Der neue Pinsel löst die bisherigen Holzstäbchen ab. Das Schreiben der chinesischen Schrift wird damit sehr erleichtert (Merck: Tusche).

123 v.Chr.
China: Erfindung des Papiers - Tuschemalerei
Mit dem neuen Papier kombiniert mit Tusche und Tuschepinsel ergibt sich die Tuschemalerei, und das Schreiben der chinesischen Schriftzeichen wird noch einfacher als zuvor (Merck: Tusche).


Naturfarben und Färberei im Römischen Imperium

Purpur ist die "höchste" Farbe in Rom

Purpurfärber bildeten eine eigene Zunft. Der Beruf war erblich und die Nachkommen durften keinen anderen Beruf erlernen. Zunftzeichen war ein Korb mit Purpurwolle. Im Römischen Kaiserreich waren die Orte der Purpurschneckenzucht u.a. an der heutigen dalmatischen Küste und streng geheim. Prinzenbabys wurden in der römischen Kaiserzeit in Purpurwindeln gewickelt. Purpurstreifen waren ehrende Auszeichnungen an den Gewändern der hohen, römischen Beamten. Unter Nero galt die Todesstrafe für Leute, die unrechtmässig Purpur trugen oder andere Farben auf Purpur setzten (S.42).

Der Griffel, stilus, dient zum Schreiben auf Wachstafeln (S.89).

Untergang des Römischen Imperiums
Untergang des alten Rom - Färbrezepte aus Asien in Europa?

Es ist nicht erforscht, inwiefern alte Färberezepte aus der Römerzeit sich in Europa erhalten haben und ob eventuell asiatische Pflanzen daran beteiligt waren (S.31).

Purpur im "Christentum" ist weiterhin "höchste" Farbe
Purpur galt als die kostbarste Farbe, die den Priestern und Königen vorbehalten blieb. Ab dem 12. Jh. bricht die Purpurfärberei zusammen (S.42) [ohne Angaben von Gründen].


Naturfarben und Färberei bei den Primärnationen (Ureinwohner, "Indianer")

Naturfarben bei den nord-"amerikanischen" Primärnationen

Aus eisenhaltigen Mineralien, die sie in Gruben oder in Brüchen fanden, wurden Farben wie Braun, Rot, Grün, Blau, Gelb, Orange und Purpur hergestellt (S.24).

Weiss wurde durch das Schlämmen und durch das Auftragen von Kaolin, Kalk und Gips hergestellt.

Schwarz wurde durch Verwendung von Graphit, Pulverkohle und Russ hergestellt.

Grün und Blau wurden mit Kupfererzen und Eisenphosphat hergestellt.

Als Bindemittel dienten Fett oder Leim (S.24).

Naturfarben bei den Omaha-Primärnationen in Nord-"Amerika"

Dunkelblau wurde aus der Rinde des weissen Ahorns und aus gestossenem gelben Ocker hergestellt (S.24-25).

Naturfarben bei den Primärnationen der Prärie in Nord-"Amerika"

-- als Bindemittel wurde der Saft der indianischen Feige benutzt

-- geröstete Leber wurde als Auflösungs- und Entfernungsmittel benutzt (S.25).

Naturfarben bei den Eskimos

Leder wurde rot gefärbt, indem sie den Saft der Purpurschnecke in das Leder einkauten. Der Speichel wirkte mit seinem Ptyalin (ein Ferment, Gärungsmittel) als chemisches Bindemittel oder Beize (S.25).

Naturfarben mit Wolle bei den Primärnationen "Amerikas"

bei den Stämmen der Ureinwohner ("Indianer") der Chilkat [Chilkoot] in Alaska

bei den Navaho [Navajo] im Südwesten Nord-"Amerikas" (S.25).

Sie färbten vorwiegend mit pflanzlichen Farbstoffen. Wolle und Seide sind tierische Fasern und nehmen die Farben leichter auf als die pflanzlichen Fasern Baumwolle, Leinen und Jute (S.25).

Als Beizen [Haftstoffe der Farben an den Geweben] verwendeten die Navajo- und die Hopi-Ureinwohner Urin oder Alaun (ein Doppelsalz aus schwefelsaurem Kali und schwefelsaurer Tonerde). Für die Schwarzfärberei verwendeten die Navajo- und Hopi-Ureinwohner eine mit organischen Säuren versetzte Eisenverbindung (S.25).

Technische Völker: Farben in Ägypten, Indien und China

Technische Völker färben Stoffe und Gewänder. Beeren werden ausgedrückt, Fruchtschalen gekocht, Galläpfel verwendet (S.22). Ägypten, Indien und China entwickeln früh eine perfekte, aber zeitintensive Färberei mit Naturfarben wie eine Religion, die die "Moderne" wegen Zeitmangels nicht zustandebringt. Der Saft der Purpurschnecken ist speziell, denn die Kleider werden mit der Zeit immer schöner (S.23).

Asien: Tuschekultur in Korea, Japan und China

Japan und China entwickeln eine Tuschemalerei. Die Tuschsteine, Reibsteine und die Tuschmalkästen werden Kult (S.75). China bezieht die Tusche dabei zuerst aus Korea. Die Könige von Korea schenkten dem chinesischen Kaiser jährlich als Tribut Tuschsteine aus Russ von Fichtenbäumen und Hirschhorngallerte (um 620 n.Chr.). Erst um 900 n.Chr. gelingt es den Chinesen, die koreanische Tusche ebenso schön nachzumachen (S.76).


Farben und Färberei im Vormittelalter

Aquarelle in Byzanz
als Miniaturmalerei (S.56).

um 600 n.Chr.
Japan kopiert die koreanische Tusche
(Merck: Tusche)

Einfluss der griechischen und römischen Autoren auf die Färberei im Mittelalter

Die alten antiken Schriftsteller der antiken Naturwissenschaften haben Einfluss auf das Mittelalter in Europa, denn es liegen Übersetzungen vor, z.B. von Dioskurides, Theophrast, Plinius d.Ä. und auch Vitruv. Den grössten Einfluss hat Dioskurides mit seinem pharmakologischen Werk, das seit dem 6. Jh. auf Latein übersetzt ist. Langobardische und fränkische Mönchsärzte kannten diese Übertragung z.T. vollständig. In Dioskurides' Werk sind beschrieben

-- die technisch vollkommenen Methoden der Drogenherstellung
-- des Zinnobers, der Mennige und anderer Farben (S.33).

Die Überlieferungen machen sich "selbständig" und werden zu "Wanderrezepten" (S.33).


Einfluss der arabischen Schulen auf Europa
Nach der arabischen Besetzung Alexandriens im Jahre 641 wird der Nahe Osten und Syrien zur Brücke des griechischen Wissens, das von der arabischen Kultur weiterentwickelt wird (S.33). Das Wissen um Farbstoffe ist in den grossen arabischen Lehrschriften der arabischen Ärzte abzulesen (S.33-34), wo die Farbstoffe medizinisch eingesetzt werden, z.B. Indigo, Rotholz u.a. (S.34).


Farben und Färberei im Mittelalter

Völkerwanderung
Beizen: Vorbeize

"Die Übernahme der Beizenfarbstoffe mit der unumgänglichen Vorbeize auf Alaunbasis ist die Kardinalfrage in der Geschichte der frühmittelalterlichen Färberei." (S.31)

Es wird angenommen, dass mit der Völkerwanderung das Wissen um die Alaunbeize zu den Germanen gelangte (S.32).

Klostergründungen: Erste Färbereien im Mittelalter in Klöstern und auf Fronhöfen

In den Klöstern werden die ersten abendländischen Sammlungen farbtechnologischer Vorschriften angelegt, die von nun an zum Grundbestand der Klosterbibliotheken gehören. Dabei haben die Farbrezepte der Buchmaler den Vorrang. Für die Nonnenklöster dagegen waren die Textilfarben wichtiger. Die wichtigste erhaltene Überlieferung für das Färben von Textilien kommt aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharina mit antiken Rezepten, die im Mittelalter Gang und Gäbe waren (S.33).

Die ersten Färbereien Europas existieren in klösterlichen Handwerksstuben und in Tuchmachereien auf den Fronhöfen (S.32).

Farbschildlaussammeln
Der Handel mit Farbschildläusen lohnte sich nur, wenn er im Grossen betrieben wurde. Es wird darum bald zu einem grundherrlichen Privileg (S.43).

Schreiben und Zeichnen mit Kohle
Im Mittelalter wird Kohle zum Schreiben und zum Zeichnen verwendet (S.89).

um 900 n.Ch.
China kopiert die koreanische Tusche
(S.76)

ab 10. Jh.
Rezeptbücher für Tusche in Europa
(S.73)

1070
China: Kaiser Sching-tson definiert eine "Palasttusche"
(Merck: Tusche)

Aquarelle im späten Mittelalter in Europa
als Miniaturmalerei, z.B. Albrecht Dürer (S.56).


Kreuzzüge
Neue Farben ab den Kreuzzügen aus Asien in Europa

Ab dem 11. / 12. Jh. werden Sizilien und Spanien zu kulturellen "Brücken" zwischen der arabischen Welt Asiens und Afrikas und der europäischen Welt, wo die arabischen Lehrschriften ins Latein übersetzt werden (S.34).

Neue Färberpflanzen in Europa ab den Kreuzzügen

-- Indigo (galt als "König der Farbstoffe") verdrängt den Waidanbau (S.29)
-- rotes Pernambukholz / Brasilholz
-- Gelbwurz
-- Campecheholz / Blauholz (S.30)
-- Krapp
-- Galläpfel (S.35)

Über arabische Zwischenhändler sind in Europa meist zu beziehen: Saflor, Brasilholz, spanische Safransorten u.a. Die Produkte tragen arabische oder arabisierte Namen:
-- Safran (von arab. za'faran) (S.34)
-- Saflor (altfrz. asfrole, frz. saffleur, it. asfiori, arab. 'usfur)
-- Sandelholz (arab. sandal, persisch: cändäl, altindisch: candana) (S.35)

ebenso Lasurblau ("mineralisches Blau") aus dem Halbedelstein Lapislazuli (spätgriech. lazoúrion, arab. lazaward, mittelpersisch: läzwärd (S.35).

Neue Stoffe in Europa ab den Kreuzzügen

-- baldekin (Stoff aus Baldac, Bagdad)
-- Damast (Stoff aus Damaskus) (S.35)

Neu eingeführt: Krapprot durch Färberkrapp (Färberröte, Rubia tinctorum und peregrina)


Krapp stammt aus dem Orient und kann in Europa nur in wärmeren Gegenden angebaut werden, auf warmen, kalkhaltigen Böden (S.27).

Die Wurzel des gelb blühenden Krautes Krapp verholzt nach 3 Jahren. Zuerst entdeckte man, dass beim Zerkauen des süssen, gelbrötlichen Fleisches der geschälten, verholzten Wurzel sich der Speichel rot färbt. Der Wurzelzucker wird in roten Farbstoff umgewandelt. Irgendein heller Kopf fand dann heraus, dass ich das Fleisch von Krapp auch dann rot färbt, wenn man die Pflanze zerschneidet und dörrt und dann die getrockneten Stücke aufkocht. Dies ergibt einen gebrauchsfertigen, färbenden Absud und kann nun auch für die Massenproduktion gebraucht werden. Heute kommt die entschalte, gemahlene Wurzel als Pulver in den Handel (S.27).

"Der Farbstoff ist an Zucker gebunden und zunächst noch in seiner so genannten Leuko-Form (farblos) vorhanden. Durch Gärung. Durch Gärung, Behandlung mit bestimmten Fermenten oder starken Säuren, wird diese Leukoform zerstört und der Farbstoff frei. Seine Beständigkeit ist so gross, dass er selbst durch relativ konzentrierte Schwefelsäure nicht zerstört wird und beim Einnehmen als Medikament Milch, Knochen und Schweiss noch rot färbt." (S.27)

Neu eingeführt: Indigo (Blau)

Die Indigopflanze (S.28), lat. Indigofera (S.29), kommt aus Ostindien. Eine weniger bedeutende Art ist die "amerikanische" Variante (Indigo Anil L.) (S.28).

Die Krautteile der Indigopflanze wird vor der Blüte geschnitten, in einer Zisterne mit Wasser übergossen und gären gelassen, bis die Schaumbildung nachlässt und die Oberfläche der Flüssigkeit eine rote Farbe annimmt. Die gelblichgrüne Flüssigkeit wird von den Pflanzenteilen getrennt und in einer zweiten Zisterne mit Gewebeboden lange und kräftig umgerührt, so dass sie intensiv mit der Luft in Berührung kommt. Der Sauerstoff der Luft lässt die "Leukoform" des Farbstoffes oxidieren und geht aus der löslichen Form in die unlösliche Form über: Der Indigofarbstoff scheidet sich aus der Flüssigkeit aus und setzt sich am Gewebeboden der Zisterne ab. Man kann den Gewebeboden mit dem "Farbkuchen" herausheben und trocknen. Grössere Teile des Farbkuchens im Handel haben oft noch den Abdruck des Gewebebodens (S.28).

Indigo wird in dunkelblauen Pflanzenstücken verkauft, die beim Reiben mit dem Fingernagel eine glänzende Kupferfarbe annehmen. An diesem Kupferglanz kann man die Qualität des Indigo erkennen. Aus 1000 kg Pflanze gewinnt man 2 bis 5 kg Indigo (S.28).

Bis ins 19. Jh. wird der Indigohandel intensiv in Indien und Ägypten angebaut (S.28). Der in Europa gehandelte Blaustoff aus dem Färberwaid ist noch nicht gefährdet, denn Indigo ist noch viel zu teuer (S.36).

Weitere Farbpflanzen und Grundstoffe zur Herstellung von Farbstoffen
-- Gelb: aus Ginster und Kreuzbeeren
-- Rosa bis Kirschrot: aus Saflor oder wildem Safran
-- Rotviolett: aus Orseille-Flechte (S.29)
-- rotes Pernambukholz / Brasilholz
-- Gelbwurz
-- Campecheholz / Blauholz (S.30).

Das Brasilholz wird der wichtigste rote Beizenfarbstoff des Mittelalters (S.31).

Gleichzeitig wird im Mittelalter in Europa das Handwerk ausgebaut und die gesamte gesellschaftliche Struktur verändert, so dass für Farben und Färbereien ganz neue Möglichkeiten geschaffen werden. Ab dem 12. / 13. Jh. sind Färbemittel in grösseren Mengen und zu günstigen, "normalen" Preisen, zu haben. Sie beleben die Liebe zu kräftigen Farbtönen, wie sie in den meisten Miniaturen und Tafelbildern des späten Mittelalters zu sehen sind (S.35).

ab 1200 ca.
Europa: Einführung des Blei als Schreibgriffel
Nach dem Mittelalter wird Blei als Schreibgriffel eingeführt, bzw. eine Mischung von 2 Teilen Blei und 1 Teil Zinn. Der Griffel wird "lapis piombino" genannt, "Schreibblei", "Reissblei" oder "Wasserblei". Reissen bedeutet hier so viel wie Zeichnen, vgl. Reisszeug, Grundriss (S.89).

14. Jh.
Europa: Immer noch Metallstäbe zum Zeichnen - und dann Graphitstäbe als "Reissblei"
Zum Zeichnen bedient man sich immer noch Metallstäbchen, angeblich z.B. auch der Holländer Jan van Dyck. Mit der Zeit entdecken die Wissenschaftler in Europa den Graphit, mit dem man gut schreiben kann. Man überträgt dem Graphitstift die Bezeichnung "Reissblei" (S.89).

ab 1491
Neue Färberpflanzen in Europa ab den Koloniengründungen

Azteken mit karminroten Geweben

Das Karminrot der Azteken wird aus dem Auszug von getrockneten Koschenilleläusen hergestellt, die sich an bestimmten Kakteen befinden. Das Karminrot der Azteken erlebt in Europa eine ungeheure Nachfrage (S.30). Der Import der mexikanischen Cochenilleläuse und von Cochenillerot ist von Anfang an ein Privileg der spanischen Krone (S.43).

Das Karminrot ist leichter zu verarbeiten: Es löst sich leicht in ammoniakalischer Flotte und kann mit Alaun zu einem sehr echten, dauerhaften Lack niedergeschlagen werden (S.43).

Blauholz
Auch das Blauholz wird aus "Amerika" in Europa eingeführt, verändert sich aber wie die vielen Blaus der blauen Beeren mit der Zeit durch die Wirkung des Sauerstoffs in ein fahles Braungrau und ist kein wirklicher Ersatz (S.37).

ab 1500 ca.
Direkter Handelsweg zwischen Europa und Indien: Fallende Preise für Färbstoffe

Erst nach dem teilweise Ausschalten des arabischen Zwischenhandels können sich die asiatischen Färbstoffe in Europa endgültig durchsetzen (S.36).

Ab jetzt muss der Farbstoff für Blau in Europa geschützt werden, denn der Preis für Indigo sinkt bedrohlich und wird zur Konkurrenz (S.36). In Europa wird der Handel mit Indigo z.T. verboten, um die Produktion von Blau mit dem Waidanbau und um die Waidjunker zu schützen. In Frankfurt a.M. wurde der Handel mit Indigo im Jahre 1577 z.B. unter Todesstrafe gestellt. Weltliche Verbotsgesetze gehen mit kirchlichen Strafen gegen Indigo Hand in Hand. Im Jahre 1654 bezeichnete eine Verordnung den Indigo als eine "fressende Teufelsfarb" mit der Behauptung, die mit Indigo gefärbten Stoffe seien behext und würden von der Farbe allmählich zerfressen werden. Schliesslich setzt sich aber der Indigo gegen den Waid durch und der Stand der Waidjunker löst sich auf (S.30).

Allgemein bewirkt die Konkurrenz der Produkte aus Europa und aus Asien eine Verbesserung der Verfahren
-- in der Küpenfärberei [mit Färberwaid]
-- in der Anwendung von Beizen
-- in der richtigen Behandlung der vegetabilischen Fasern
-- man lernte ausserdem, durch Zusatz von Essig oder von Aschenlauge, die Flotte sauer oder basisch einzustellen
-- man konnte die Flotte auch andicken, um in manchen Fällen das Aufziehvermögen zu verbessern
-- umstritten sind Rezepte mit Zusätzen von Sauerbier, Holzapfelsaft oder Pflanzensäften mit Säuregehalt, die eventuell auch aus der Römerzeit stammen könnten (S.36).

Einführung der Tusche in Europa

Erst ab der Etablierung fester Handelsbeziehungen kommt die Tuschkultur auch nach Europa. Gleichzeitig halten die chinesischen Produzenten die Herstellungsverfahren natürlich geheim. Die Berichterstatter berichten regelmässig, die chinesische Tusche sei aus
-- Fichtenholzruss oder Ölruss
-- Hirschhorngallerte
-- etwas Moschus und Kampher
zusammengeknetet. Chemische Untersuchungen bestätigen dies (S.76).

1564
England: Fund einer grossen Graphitgrube in Borrowdale in Cumberland
"Die erste zuverlässige Angabe über Graphit stammt aus dem Jahre 1564, als man die berühmte Graphitgrube von Borrowdale in Cumberland (Engl.) aufgefunden und das Mineral zur Bereitung von Schreibstiften verwendet hat. In Deutschland hiessen diese Stifte stets "Wasserblei und Reissblei", in Italien graphio piombino.

Die ersten Schreibstifte waren Stäbchen aus Graphit, aus dem Mineral herausgeschnitten und mit Holz überzogen. Man nannte sie eben Bleistifte [Blei-Stifte, eine eigentlich total falsche Bezeichnung]." (S.89)

Ende 16. Jh. [1590 ca.]
Nürnberg: Bleistiftproduktion
Nürnberg hat die erste Bleistiftproduktion in Europa, wo sich eine mächtige Bleistiftfirma entwickelte: Johann Faber. Den Graphit bekommt die Firma aus der englischen Graphitgrube in Borrowdale (Cumberland). Die Produktion bleibt auf primitiver Stufe. Dann aber erschöpft sich die Grube und man muss ein neues Mineral für die Stifte oder eine neue Grube Graphitgrube finden (S.89).

18. / 19. Jh.
Neue Entfaltung der Aquarellmalerei in Europa
(S.56)

Mitte 19.Jh. bis 1894
Wechsel auf den Kanaren von Wein auf die Koschenillelaus für Karminrot

Mitte 19. Jh. wird durch Rebkrankheiten der Weinbau auf den Kanarischen Inseln fast gänzlich ausgerottet. Dafür beginnt man nun auf den Kanaren mit der Kultivierung der Koschenillelaus und macht so mit dem Export der Schildläuse für die Herstellung von Karminrot ein Riesenvermögen. Ein Kilogramm Schildläuse umfassen ca. 150.000 Exemplare. 1894 ist aber Schluss mit dem Geldsegen, als die Chemie die künstliche Produktion von Karminrot erfindet (S.30).

19. Jh.
Die Industrialisierung zerstört die natürliche Färberei in Europa

Die "industrialisierten Staaten": Die Teerprodukte verdrängen die natürlichen Farben aus Pflanzen, Tieren und heimischen Mineralien - die Verbindung mit der Natur geht verloren

Seit der Einführung der künstlichen Farbstoffe aus dem Steinkohlenteer sind die alten Herstellungsarten industriell nicht mehr interessant (S.19)

Fall Krapprot: 1868 entdeckte man, dass der Alizerin-Farbstoff der Krappwurzel verwandt ist mit bestimmten Anteilen des Kohlenteers. So konnte man den Farbstoff ab sofort synthetisch herstellen, und der Anbau von Krapp ging bis auf kleine Gebiete in Südfrankreich und Kleinasien zurück. Kleine Mengen werden auch noch in der Medizin gebraucht, sowie zur Herstellung von Aquarellfarben (echter Krapplack) (S.27).

Fall Indigo: Das blühende Gewerbe mit Indigo in Indien und Ägypten wird ab der Entdeckung der Indigo-Synthese im 19. Jh. fast vollständig zerstört und wird heute nur noch an wenigen Stellen Bengalens in Indien betrieben (S.28). Der synthetische Indigo-Farbstoff ist in der Qualität immer gleich konstant, ist leichter zu verarbeiten und billiger (S.30).

Weitere natürliche Grundstoffe, die wegen der chemischen Herstellungsprozesse zurückgedrängt werden, sind

-- rotes Pernambukholz / Brasilholz
-- Gelbwurz
-- Campecheholz / Blauholz (S.30).

Fall Karminrot: 1894 wird die Formel zur Herstellung von synthetischem Karminrot entdeckt und der Handel mit Koschenilleläusen (bzw. Schildläusen) von den Kanarischen Inseln aus bricht zusammen. Die Koschenillekulturen müssen schliessen (S.30).


ab 1918
Aquarelle in Steiner-Schulen
In den ersten Schuljahren werden nur Aquarelle gemalt mit Nass-in-Nass-Malen, mit Feucht-Schichtung, oder mit Feucht-in-Feucht-Malen (S.61).

[Leider wird den Eltern der SchülerInnen und anderen Aussenstehenden diese Weiterbildung jeweils verwehrt].

1950 ca.
Erfindung der Bienenwachsfarben und Herstellung in Holstein
Die Bienenwachsfarben bringen ein völlig neues Malgefühl mit Stiften und Kreiden (S.87).


Farben und Färberei heute

Bevölkerungen, die nicht industrialisiert sind, haben heute noch meistens sehr farbige Kleider im Gleichgewicht der Farben (S.25). Die Naturfarben wirken bis heute beruhigend, erholsam und strahlungsabschirmend (S.43).

Attich (Sambucus nigra, schwarzer Holunder) wird heute noch zum Weinfärben benutzt (S.25).

Die industrialisierten Staaten haben Farben aus der aggressiven Chemieindustrie aus Teerfarbenprodukten, und die Farben strahlen grell von Leuchtreklamen, Röhrenbeleuchtungen, Fernsehbildern usw. und wirken alles andere als beruhigend (S.43).

Färberei bei den Naturvölkern der Gegenwart

Melanesien: Herstellung von Rot mit der Nuss der Betelpalme
Die Nuss der Betelpalme wird zerkleinert, mit Kalk in Betelpfefferblätter gewickelt und dann gekaut. Der Speichel, das Zahnfleisch und die Lippen werden blutrot gefärbt. [Dem Speichel wird nun Kalk zugesetzt], der als Beize bzw. als Haftmittel dient (S.26). Die Farbe wird dann zum Färben von Haaren und anderen Stoffen weiter benutzt (S.25).

Melanesien: Herstellung von Orange mit der Nuss der Betelpalme und Kalkzusatz
Erhöht man den Kalkzusatz, ergibt sich Orange (S.25).

Insel Yap (Südsee): Herstellung von Rot mit der Wurzel des Morindabaumes
Die Wurzel des Morindabaumes wird geschabt. Dem Pulver wird Kalk zugesetzt, so dass eine dunkelrote Färbung erfolgt. Der Kalk dient zugleich als Beize, ohne die das feine Bastgewebe die Farbe nicht annehmen würde. Das Pulver wird mit Wasser verdünnt und aufgekocht. In die kochende Farbbrühe werden die Bastkleider gefärbt und wird bräunlich. "Hierauf schüttet man den Sud in eine Arekablattschale, es wird wiederum Kalkpulver hinzugetan und in dieser Farbstofflauge färbt sich dann der Stoff schön dunkelrot." (S.26)

Herstellung von Naturfarben der tropischen Völker
-- Gelb: aus Kurkumawurzel
-- Karmesin: (dunkelrot-bläuliche Farbe): aus Mangrove
-- schwarz- bis dunkelroter Firnis: ist ein Absud aus den gebrannten Nüssen von Aleurites triloba
-- Rot: aus Früchten von Ficus tinctoria und den Blättern von Coria sebestana (S.26).

Herstellung von Naturfarben in Afrika

-- Rotholzschminke zur Färbung des Körpers
-- Gelb: aus Eisenocker
-- Weiss am Obernil: aus Hundekot
-- Schwarz: aus Gardeniasaft
-- als Beize dient Humus aus Bächen und Sümpfen, wo die zu färbenden Stoffe eingegraben werden (S.26).


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