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Erziehungsleitsätze für Eltern und Kinder Teil 7:

Das Prinzip der Bestrafungen und die Folgen


von Michael Palomino (2006)

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aus: Arbeitsbücher zur psychologischen Schulung: M. Perrez / B. Minsel / H.  Wimmer: Eltern-Verhaltenstraining. Für Eltern, Erzieher und Erwachsenenbildner; Theoretische Einführung; Otto Müller Verlag, Salzburg, 1974



Strafen sind ein negativer Verstärker und bringen längerfristig gar nichts

Strafen sind für Kinder ein Aufmerksamkeitsersatz, wenn die Eltern sonst nie mit den Kindern spielen (S.16).

Strafen nützen auf die Dauer nichts und verändern das Verhalten nicht, denn nach einiger Zeit kommt das negative Verhalten wieder, bzw. Kind und Eltern handeln dann beide unangemessen in einem Kreislauf (S.20).


Die Scheinanpassung bei Kindern durch Strafen

Das Kind betreibt das negative Verhalten dann einfach heimlich. Dies wirkt wie ein Anreiz auf das Kind, und so macht "Bestrafung die Löschung des unerwünschten Verhaltens unmöglich". Das Kind entwickelt eventuell sogar Strategien gegen die Eltern (Vermeidung von Kontakt, Täuschungsversuche, Lügen) (S.20).

Studien von Skinner und Estes zeigen, dass auch Ratten Strategien gegen Bestrafungen entwickeln, wenn sie bestraft werden: Eine Futterkrippe, die mittels Hebel bedienbar ist, wird zu einer gewissen Zeit unter Strom gesetzt. Die Ratten merken sich die Zeit (S.20-21).

D. M. Baer machte Studien zur negativen Wirkung von Bestrafung an Kindern (S.20).


Bei Aufheben der Bestrafung ist das alte Verhaltensmuster wieder da, ohne jeden Lerneffekt der Strafe (S.20).

Perrez et.al.:

"Dieser Sachverhalt ist ebenso eindeutig und häufig in der Erziehung festzustellen. Dort, wo Strafe als Erziehungsmittel angewendet wird, lernen die Kinder normalerweise nicht, ihr Verhalten dauerhaft zu ändern, sondern sie lernen, das unerwünschte Verhalten dort zu vermeiden, wo sie eine mögliche strafende Instanz wahrnehmen. Sobald diese nicht gegeben ist, äussern sie die alten, unerwünschten Verhaltensformen." (S.21)


Strafregime und Scheinanpassung: Beispiel Heimkinder

Heimkinder, die immer wieder mit Arrest bestraft wurden, entwickeln Strategien gegen die Heimleiter, statt das Verhalten zu verändern. Wenn die Kinder aus dem Heim sind, dann sind alle alten Verhaltensweisen wieder da (S.21).

Die Ordnung in Heimen mit Strafregime ist eine Scheinanpassung,
-- denn es wird nur auf die Vermeidung von Bestrafung geachtet
-- neue Verhaltensweisen sind nur vorgegeben
-- die alten Gedankenstrukturen sind nicht ersetzt (S.21)
-- die Kinder entwickeln z.T. sogar Freude an der Bestrafung (S.22) [und betrachten das Reizen und die Bestrafung als Spiel].


Entstehen von Strafketten - Strafen belastet das Verhältnis zu den Kindern

Die Straferei belastet das Eltern-Kind-Verhältnis oder das Verhältnis der Heimleitung zu Kindern enorm, denn das Kind setzt Strafe = Mutter, oder Strafe = Vater [oder Strafe = Heim].

Ausserdem ist das Vorbild aggressiv und das Kind beginnt, kleinere Kinder zur Strafe zu schlagen (S.21).

[So entsteht eine "Strafkette". Das geschlagene Kind übernimmt gegenüber kleineren Kindern eine Rolle der schlagenden Selbstjustiz, wie die Eltern es dem Kind gegenüber tun].


Bestrafungsarten von Terror-Eltern

Die Terror-Eltern geraten schon durch einfachen Widerspruch in unkontrollierte, emotionale Erregung, mit Beschimpfung, Drohung oder mit körperlichen Strafen (S.57). Die Terror-Eltern geraten in Panik und verlieren die Selbstkontrolle. In diesem Fall richtet sich das Verhalten immer "nach den meist unbewusst wirkenden Vorbildern", sogar dann, wenn die Eltern autoritäre Erziehung ablehnen, selbst aber nie partnerschaftliches Austragen von Konflikten erlebt haben. Das ungünstige Vorbild dringt dann durch (S.58).

Andere Eltern machen das Kind lächerlich durch Provokation oder Übertreibung (S.57)

Nach einer Bestrafung folgt oft auch noch ein zusätzlicher Liebesentzug und Nichtbeachtung (S.57).


Wenn sich die Eltern dauernd so verhalten, verleidet es dem Kind, seine Gefühle und Probleme anzusprechen. Das Kind zieht sich seelisch in die Isolation zurück (S.40).

Faktor negative Einstellung der Eltern zum Kind

Terror-Eltern und schlechte Erziehungspersonen haben von vornherein eine negative Einstellung zum Kind. Solche Eltern und Erziehungspersonen haben selber negative Vorbilder. In der Kombination ergibt dies eine Katastrophe, denn Kinder von solchen negativ eingestellten Eltern fühlen sich weder geborgen noch geliebt (S.43).

Negative Einstellung der Terror-Eltern: Eltern verhalten sich wie Grosseltern

Eventuell ahmen die Terror-Eltern das autoritäre Verhalten der Grosseltern nach (S.48).

Negative Einstellung der Terror-Eltern: Kind = immer schlecht

Oft meinen die Terror-Eltern, Kinder würden "von Natur aus zum Schlechten neigen" und nur durch Zwang könnte man sie zum Guten führen [so sagte es auch der kriminelle Alfred Adler]. Dadurch rechtfertigen die Terror-Eltern unbegründetes Befehlen, Kontrolle, Zwang und Strafen [und lösen dadurch eine Gewaltspirale aus] (S.48).

Negative Einstellung der Terror-Eltern: Kind = Untertan

Terror-Eltern meinen auch oft, dass Kinder "gehorsame Untergebene" sind. Solche Terror-Eltern strafen bereits bei kleinen Ungehorsamkeiten und Selbständigkeiten mit harten Strafen [wie im autoritären, diktatorischen Militär]. Im Beisein Dritter strafen solche  Terror-Eltern die Kinder oft besonders hart, um zu "beweisen", dass man mit dem Kind "fertig" wird, sonst droht ein "Ansehensverlust". Die Eltern sind in diesem Fall im Diktatur-Denken oder Kaiserzeit-Denken verhaftet geblieben und spielen selbst den Diktator oder den Kaiser, um "Untertanen" zu erziehen, die es in der Demokratie gar nicht braucht (S.57).


Faktor Arbeitsplatz der Eltern


Der Arbeitsplatz der Eltern hat eventuell einen grossen Einfluss, v.a. in der Arbeiterklasse. Der Stress, die Befehlsstruktur am Arbeitsplatz und die Fluchereien, die die Eltern am Arbeitsplatz erleben, werden gegen die Kinder angewendet. Die Eltern nehmen die Zustände am Arbeitsplatz als "Vorbild" und wenden das Erlebte gegen die Kinder an (S.43). Deswegen sind Eltern der Arbeiterschicht normalerweise autoritärer als Eltern der Mittel- und Oberschicht. Wenn letztere den Vorgesetzten nachahmen, geht es oft demokratischer zu und her (S.48).


Faktor belastete Eltern

Wenn Eltern und Erziehungspersonen in Beruf und im Privatleben belastet sind, dann wird das Verhalten der Eltern und Erziehungspersonen zerfahren und unruhig. Folgen:

-- die Eltern halten lebhafte Kinder nicht mehr aus
-- die Eltern reagieren bei geringem Anlass bereits gereizt
-- die Eltern verlieren in schwierigen Situationen die Selbstkontrolle und fluchen und schlagen.

Dabei lehnen die Eltern und Erziehungspersonen ihr eigenes Erziehungsverhalten ab.



Dumme Eltern: Faktor Stolz

Dumme Eltern und dumme Erziehungspersonen sehen bei schlechten Leistungen des Kindes den eigenen Stolz verletzt oder sehen die "Ehre" der Familie verletzt

Die Handlungen des Widerstands beim Kind provozieren die Terror-Eltern zum Gefühl, dass ihr Prestige gefährdet sei. Die Terror-Eltern drohen und strafen dann nur noch mehr. So entsteht ein Machtkampf zwischen Eltern und Kind (S.47).


Bestrafung von Misserfolgen des Kindes

Bei Misserfolg des Kindes vermindern die dummen Eltern und die dummen  Erziehungspersonen die Zuwendung und machen dazu noch entmutigende Äusserungen mit negativen Feststellungen, gesteigert durch Vorwürfe mit  Pauschalisierungen (S.41).

Dieses Verhalten der Eltern und Erziehungspersonen provoziert beim Kind Angst vor Misserfolg und Angst vor jeder Situation, die eine Leistung verlangt. Kinder sind demotiviert (S.41).
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Der Widerstand gegen die Terror-Eltern bei Jugendlichen ab 13 Jahren - der Gewaltkreislauf "Machtkampf"

Jugendliche akzeptieren unbegründete Befehle nicht mehr (S.53). Wenn die Eltern aggressiv sind, von den Kindern aber braves Verhalten verlangen, werfen die Kinder den Eltern spätestens ab 13 die doppelte Moral vor und entwickeln inneren Widerstand (S.51).

[Bei Kindern, die sensibel sind und den Terror der Eltern nicht aushalten, setzt der Widerstand möglicherweise schon mit 8 Jahren ein].


Die Symptome bei Kindern durch Terror-Eltern

Ungerechte Behandlung von Kindern provoziert "Bockigkeit und unüberlegte Handlung" beim Kind, die so genannten "Symptome" (S.36).

Die falsche Autorität der Terror-Eltern verursacht bei Kindern eine negative Einstellung, und so verfügen die Terror-Eltern noch schlimmere Massnahmen, mit noch stärkerer Opposition der Kinder gegen die Eltern (S.49).

Übertreibungen, Lächerlichmachen, Beschimpfung und Beleidigung bewirken

-- Widerstand
-- Trotz (S.58)
-- Oppositionsgeist

im Extremfall

-- Widerstand bis zu schweren Verhaltungsstörungen wie Hungerstreik, Weglaufen, starke Aggressivität und Kriminalität im Jugendalter (S.49)

-- noch extremer ist dann die Umkehr der Gefühle mit geringer Selbstachtung und Minderwertigkeitskomplexen (S.58).


Die dummen Terror-Eltern reagieren dann mit noch mehr Zwang und lehnen das Kind ab [so dass die Terror-Eltern dann nur noch darauf warten, dass das Kind auszieht] (S.49).

Die Jugendlichen beginnen dann, die Terror-Taktik der Terror-Eltern zu kopieren: Die Jugendlichen wenden den Terror der Eltern gegen die Eltern selber an (S.57).


Beispiel "Streit um Ausgang": Ein Terror-Vater kann mit dem 17 Jahre alten Sohn nicht ruhig über den Ausgang und Geldangelegenheiten sprechen:

-- er fühlt sich durch die Einwände des Sohnes provoziert
-- er kann sich dann "nur durch eine Ohrfeige Luft verschaffen"
-- dabei meint der Terror-Vater als Argument, sein eigener Vater sei zu ihm noch viel brutaler gewesen (S.58).

Oft sprechen dann Vater und Sohn eine Woche lang nicht mehr miteinander (S.59).

Der Sohn fühlt sich durch den barschen Ton und durch die Übertreibungen zum Widerspruch gereizt, und der Auszug sei nicht mehr fern (S.59).>

 

Die dummen Terror-Eltern bemerken den Gewaltkreislauf nicht!

Die dummen Terror-Eltern merken gar nicht, wie autoritär sie sind. Sie bilden sich auch nicht weiter, und allgemein fehlt die Information in den Medien über die Gewaltkreisläufe in der Familie (S.49).

Wenn die Gefühlskälte mit der starken Lenkung einhergeht, sind schlimmste Auswirkungen auf die Familie möglich:

-- grosse Spannungen zwischen Eltern und Kind
-- Entfremdung
-- Schulversagen [durch Ängstlichkeit und Nicht-Vertrauen in die eigenen Gefühle]
-- schwere Verhaltensstörungen (S.49).

[Wenn das Kind zusätzlich noch aus einer landfremden Kultur kommt, wird dem Kind durch die Terror-Eltern auch die Integration verunmöglicht].


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