Kommentar
Iris Galey
beschreibt 50-jährig mit diesem Gedicht den sexuellen
Kindsmissbrauch, den sie ab 10 durch den Vater regelmässig
erlitten hat. Sie weint dem Vater keine Träne nach...
"Vater, weisst du, was du mir angetan
als du meine Unschuld opfertest, Vater,
und mich meiner Kindheit beraubtest
und sie auslöschtest, in einer einzigen Nacht, Vater?
Ich war erst zehn.
In all jenen Nächten, Vater,
nahmst du mich in Besitz.
es tat so weh, Vater,
ich war erst zehn.
Du zerbrachst mir die Brücke, Vater,
vom Kind zur Frau.
für mich war kein Platz in dir, Vater,
Ich war erst zehn.
Vier Jahre lang, Vater. Wie konnte ich reifen,
aufbauen auf Missbrauch und Tränen,
wie Verantwortung lernen und frei wählen, Vater?
Ich war erst zehn.
Ich hielt ein Buch vor mein Gesicht, Vater,
und sagte mir: Es ist nicht wahr.
Du zerrisst mir meinen Körper, Vater,
und entzweitest meine Seele,
zerrtest mich aus meinen Verstecken, Vater,
brachst meinen Willen und mein Selbst.
Jetzt bist du tot, Vater entliessest mich
hilflos auf meiner Reise durch den Schmerz,
die Schatten verscheuchend aus meinem gequälten Gehirn,
an jeder Kreuzung die Schatten von Mutter und dir.
Versuchte verzweifelt:
Ehefrau und Mutter zu werden,
dich zu vergessen, roh zwischen meinen Beinen,
mich nicht so kindisch und anders zu fühlen,
hing ich auch nur die Wäsche an die Leine,
denn
es wurde jeder Schritt zum Kampf, Vater,
frass meine ganze Lebenskraft,
seit du meine
Unschuld tötetest, Vater,
zu einer Zeit, da war ich zehn.
Du nahmst mich in Besitz, Vater,
da war ich zehn.
Jetzt bin ich fünfzig, weine, leide immer noch seitdem,
seitdem, mein Vater, ja, seitdem,
du mich verbannt hast in dies Kindesalter: zehn."