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Liebe: Vereinigungen und Verschmelzungen im Leben

Körperliche und psychische Verschmelzungsprozesse - und die Variationen

von Michael Palomino


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aus: Ingrid Olbricht: Die Brust. Organ und Symbol weiblicher Identität; Kreuz-Verlag 1985, Rohwolt-Verlag (rororo) 1989



Sex als körperliche und psychische Verschmelzung

Sex macht aus Ich und Du ein "Wir". Man wird für kurze Zeit zum androgynen Wesen, das ganzheitlich männlich und weibliche gleichzeitig ist, trivial gesagt ein "Tier mit zwei Rücken". Die Unterscheidung in Mann und Frau ist überwunden. Sex, wo man sich gegenseitig anschauen kann, ist spezifisch menschlich und kommt bei Tieren nie vor. Sex schafft Nähe, überbrückt Grenzen, ist lustvoll und ein grundlegendes Bedürfnis (S.137).

Das Wir entsteht durch Bereitschaft zur gleichmässigen Veränderung von Ich und Du. Ohne Bereitschaft zur Veränderung entsteht das Wir nicht (S.146).

Verschmelzung und psychisch krankes Streben nach Dauerverschmelzung

Das Streben nach Verschmelzung ist natürlich. Das Ziel der Dauerverschmelzung und die Suche des Paradieses im Körperlichen entspricht aber dem Kleinkindverhalten. Menschen die so denken, sind seelisch im Kleinkindalter steckengeblieben (S.138). Solche Menschen laufen Gefahr, sich in der Sexualität des jeweils anderen Geschlechts zu verlieren, so dass sie bald abgestossen werden und alleine bleiben. Die Therapie ist dann der Anfang für die Entwicklung des Selbst (S.142). Die Sexualität des anderen Geschlechts erweist sich in diesen Fällen als Entwicklungsblockade, gefördert von der "Zivilisation", die das Wesen der Menschen mit Technik ersetzen will (S.144).

Weitere Arten der Verschmelzung

-- Zungenkuss als Verschmelzung (S.137)
-- Brüste im Mund als Verschmelzung (S.137)
-- Oraler Sex als Verschmelzung (S.137)

Stillen als Verschmelzung

Mutter und Kind verschmelzen zum Doppelwesen, zur Dyade. Stillen schafft Nähe, überbrückt Grenzen, ist lustvoll und ein grundlegendes Bedürfnis (S.137).


Machtspiele torpedieren die Verschmelzung in der Beziehung

Bei einseitiger Veränderung oder bei Machtspielen kommt es zum Missbrauch der Vereinigung. Diese Grenzüberschreitungen werden schmerzhaft, werden zur Qual, entwickeln eventuell Aggression etc. Das Paradies der Vereinigung wird vergiftet. "Bindung wird zum Besitzverhältnis umstrukturiert und zum [seelischen] Gefängnis pervertiert." (S.146).

 
[Diese Machtspiele kommen in psychischer oder sexueller Weise unter Erwachsenen vor, oder in psychischer Weise zwischen Eltern und Kindern als psychischer Kindsmissbrauch vor, in sexueller Weise als körperlicher Kindsmissbrauch].

Verschmelzung ohne seelisch-psychische Grenzen

Wenn in der Kindheit und in der Jugend [durch Umstände der Erziehung] keine seelisch-psychische Grenzen ausgebildet werden konnten, dann besteht mit dem Sexualpartner eine seelische Dauervereinigung. Auf lange Sicht ist dies ein quälender Zustand, weil Distanz nicht möglich ist (S.147).

[Dies kann für einen oder für beide Partner gelten].

Sex ohne seelische Verschmelzung

Sex ohne seelische Vereinigung ist eine Vereinigung ohne Ganzheitserlebnis. Eventuell kommt dann Scham voreinander auf (S.137). Wenn die Menschen [durch Umstände der Erziehung] kein Bewusstsein mehr haben, was sie tun, kommt keine Scham mehr auf. Menschen, die schamlosen Sex als Selbstverwirklichung bezeichnen, haben dann sogar die Scham verloren. Dann werden die inneren Wünsche und Defizite durch Sex verdeckt [bis die ungebändigte zerstörerische Energie auftritt, oder bis AIDS kommt] (S.138).

[Psychisch-seelische Verschmelzung ohne Sex?

ist die "platonische Liebe", die dauernd ohne den wesentlichen Teil des Körperkontakts auskommen muss und als Vorphase einer Beziehung sicher positiv zu werten ist, als Beziehung selbst aber krankhaft ist, Hemmungen und hormonelle Defizite verursacht und Psychosen bis hin zum verzweifelten Selbstmord verstärken kann].






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