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Estés: Tiefenpsychologie für Frauen und Lebensläufe in Märchen

Das Erkennen negativer Lebenssituationen - die Befreiung vom Terror-Mann oder von Terror-Müttern. Märchenbeispiele

13.Kapitel: Unselige Geheimnisse: Das Zerbrechen am Geheimnis

von Michael Palomino (1994 / 2004)

Zusammenfassung aus: Clarissa Pinkola Estés: Die Wolfsfrau. Die Kraft der weiblichen Urinstinkte. Wilhelm Heyne Verlag, München, 1992

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13.Kapitel: Unselige Geheimnisse: Das Zerbrechen am Geheimnis

Literaturbeispiel: Geschichte: "Die Frau mit dem Goldhaar" (Mord und Vergraben nützt nichts, die Goldhaare wachsen wie Bambus und werden zu Flöten verarbeitet, das Lied spricht die Wahrheit)


Die Geheimnisse der Frauen

Frauen haben Geheimnisse, halten Moralkodex für zu wichtig im Innern, haben Schamgefühle, die sie vom Instinktwissen abschneiden und damit von ihrer Freiheit. Das Geheimgehaltene wird mit psychischen Stacheldrahtrollen umwickelt, so dass niemand das Verborgene berühren kann oder gar enthüllen kann.

Themen, die das Geheimgehaltene in irgendeiner Form tangieren, sind problematisch. Es ist über gewisse Dinge kein freies Lachen mehr möglich. Zum Beispiel werden Filme mit entsprechendem Inhalt gemieden. Die Tabuzone darf nicht angeschnitten werden. Die Betroffenen schränken sich auch in der Themenwahl ihrer Handlungen entsprechend ein.

Die Geheimnisse drehen sich immer um Sex, Liebe, Geld, Macht und deren absichtlichen oder versehentlichen Missbrauch. Die Inhalte der Geheimnisse nehmen gleichzeitig keinen heroischen, sondern einen tragischen Verlauf. Die Betroffenen verheimlichen immer etwas, was man als "schlecht" empfindet.

"Negative Handlungen" entstehen oft, indem man dazu hineingedrängt wird, in beschämende Situationen gestellt wird oder hineingerät aufgrund dessen, dass die eigenen Instinkte verletzt sind. Es kommt quasi zu einer moralischen Entmachtung durch äussere Umstände oder mangelnden Willen. Diese Fälle zwingen zur Geheimhaltung, oder die eigenen Kriterien zwingen einem die Geheimhaltung auf. Alle, die etwas davon wissen, werden mit Drohung oder Fluch belegt.

Geheimnisse entstehen auch durch falsche Moralvorstellungen in der Erziehung. Vielen Kindern wird gedroht, dass manche Taten nie vergeben werden. Das ist nicht wahr.

Die Therapie gegen Geheimnisse: Umdrehen der Wertung

Das Ziel ist also, das Geheimnis positiv zu sehen und so nicht mehr verheimlichen zu müssen.

Das Selbst
ist eine Urgottheit, ist nichts Menschliches und Kreatürliches fremd.

Fehltritte
sind menschlich, v.a. wenn Menschen von ihren Urinstinkten, speziell ihrer Intuition abgeschnitten werden.

Die Seele
hat keine unendliche Negativität und Vergeltungssucht, denn diese ist zu anstrengend. Die Seele hat aber eine grenzenlose Kapazität für Mitgefühl.

Geheimnisse zugeben
löst Scham, Furcht vor Isolation aus, so die Vorstellung der Geheimnisträgerin. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Die Leute helfen gerne.

Geheimnisse schneiden von psychischem Wohlergehen ab

Wer gravierende Dinge für sich behält, muss gravierende Folgen gewärtigen: Der/die Betroffene schneidet sich von der Liebe ab, von der Unterstützung ab, und vom eventuellen Schutz der Mitmenschen ab. Der/die Betroffene trägt dann die Bürde von Angst und Reue allein.


Der/die Betroffene schneidet sich auch vom eigenen Unbewussten ab.

Geheimnisse bilden Todesstreifen drum herum

Jedes Geheimnis wird von einem Todesstreifen in der Psyche umgeben, ist eine regionale Gefühllosigkeit, aus der nichts Emotionales intakt entweicht oder von aussen eindringt.

Die gesunden Instinkte erkennen die verklemmten Geheimnisträgerinnen

Der wilden Frau bleibt nichts verborgen.

Die Geheimnisse tropfen langsam durch. Es kommt zu plötzlichen Melancholieattacken, zu Wutausbrüchen, zu Verspannungen, Schmerzen, zu ruckartigen Handlungen, zu unpassenden Reaktionen, zu Bemerkungen, zum Singen belangloser Lieder etc.

Es kommt zu Bemühungen, etwas Entschlüpftes zu vertuschen oder in die Todeszone zurückzuholen. Es kommt zu unheimlichen psychischen und seelischen Verrenkungen.

Literaturbeispiel: Geschichte: "Die Frau mit dem Goldhaar"

Eine schöne, junge Frau mit langen, hellblonden Haaren, ein Waisenkind, Weberin, wohnt im Wald. Der Sohn des Köhlers wirbt um sie, sie will ihn aber nicht. Um ihn so zu beeinflussen, dass er nie mehr wieder kommt, schenkt sie ihm ein paar "goldene" Haare. Der Köhlersohn will die Haare auf dem Markt im Dorf verkaufen, wird dafür ausgelacht. Der Köhlersohn wird wütend, geht zurück, wirft der Frau Betrug vor und erwürgt und verscharrt sie. Im Dorf merkt es zuerst niemand, nur zeigt die Waldhütte keinen Rauch mehr. Aber das Goldhaar wächst aus der Erde. Es werden goldene Schilfhalmen. Die Schäfer machen Flöten aus den goldenen Halmen, aber die Flöten spielen nur ein Lied:

"Hier liegt die Frau mit dem Goldhaar
ermordet in ihrem Grab
getötet vom Sohn des Köhlers,
weil sie ein Leben in Freiheit wollte."

In der Folge wird der Köhlersohn doch noch gefasst und bestraft.

Deutung:
Die Lebenskraft der wilden Frau ist auch nach dem Tod ungebrochen. Jedes Geheimnis wird schlussendlich offengelegt.

Die Frau ist Weberin. Deutung:
Die Frau stellt innere Stoffe her, webt Gedanken, Eingebungen, eigene Erkenntnisse. Sie ist eigentlich im völligen inneren Glückszustand. Sie braucht nichts an Äusserlichkeiten. Sie ist die totale Unabhängigkeit. Sie ist dadurch aber auch massivsten Attacken ausgesetzt.

Der Köhlersohn kann nicht ertrage, dass die Weberin innerlich zufrieden ist. Er will dieses unerträgliche Geheimnis begraben, statt es zu erörtern.

Die Gesellschaft merkt zuerst nichts, will sich nicht mit Problemen belasten. Sie stellt sich absichtlich blind mit Ignoranz.

Die Hirten sagen, was zu tun ist. Sie legen die Lippen an die Auswucherungen der psychischen Mördergrube, um ihnen frischen Atem einzuhauchen. So vibriert und erklingt das Totgeglaubte. So kommt die schändliche Wahrheit doch noch ans Licht. Dann kommen auch die psychischen Ausgrabungsarbeiten.


[Die Analogie zu Blaubarts Geheimzimmer mit den ermordeten Frauen ist offensichtlich].

Süsse Geheimnisse stärken die Psyche

Die "süssen" Geheimnisse soll man schützen: Erfolgsgeheimnisse und Erfindungen.

Geheimnisse aus Scham und Angst quälen die Psyche

sind wie "Natterngezücht": Diese Geheimnisse sind Selbstquälerei. Folge sind nächtliche Träume, in denen Lichter aller Art immer an- und ausgehen oder erlöschen. Aber dann folgen Träume mit ungeniessbaren Speisen, wo gekotzt wird, Träume mit unaufhaltsamer Gefahr, Träume, in denen man schreien will, aber nicht kann.

Das Versagen der Verwandtschaft und Bekanntschaft: niemand hört zu

Die Verwandten und Bekannten können nicht alles Schicksal aufnehmen. So fühlt sich der/die Betroffene mehrmals betrogen bzw. ist fast gezwungen, gewisse Sachen für sich zu behalten. Mittel sind z.B. Notizbuch, Therapeut, die Tat an sensibilisierte Leute sagen, so dass ein ganzer Chor entsteht (wie der Flötenchor im Märchen).

Trauerarbeit: manchmal geht die Trauer nie ganz vorbei

Nach dem Zuschaufeln des Grabes bleibt eine Narbe zurück. Die Narbe kann bei bestimmten Bedingungen immer wieder schmerzen, auch psychisch. Auch noch nach Jahren können Schmerzen dahingehend auftauchen. Die Trauer über bestimmte Verluste wird nie vollkommen überwunden. Am Nachhaltigsten ist die Trauer über den Verlust eines Kindes.

Estés: Leid mitteilen heisst Leid teilen, dann selbst überwinden.

Büssermantel mit Täternamen erleichtert

Alle Toten, die einem angetan worden sind, soll man auf einen Mantel schreiben, damit sie dort Busse tun. Dies erleichtert, denn man ist stolz, so viel ertragen zu haben.

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